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Wie ein jurassisches Unternehmen die Ergonomie verbessert

Malik Attouche, CEO Ersys (img: Didier Walzer)
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Wie ein jurassisches Unternehmen die Ergonomie verbessert

24.03.2020

Seit Dezember 2019 ist das Startup Ersys am Standort Jura des Switzerland Innovation Park Basel Area in Courroux zuhause – als einer der ersten Mieter. Ersys hat die Ergonomie am Arbeitsplatz zu seinem Entwicklungsmotor gemacht. Treffen mit Geschäftsführer Malik Attouche.

Malik Attouche, CEO Ersys (img: Didier Walzer)
Malik Attouche, CEO Ersys (img: Didier Walzer)

Ersys konzentriert sich auf die kontinuierliche Verbesserung der Produktivität in der Industrie, indem es den Menschen in den Mittelpunkt stellt. Die Zielgruppe: Uhrmacherwerkstätten. “Für eine große Marke haben wir ein Patent für elektrische Armlehnen und einen Sitz angemeldet, der sich an die Morphologie der Benutzer anpasst, um die Gesundheit des Bewegungsapparats zu erhalten”, erklärt Malik Attouche, ein qualifizierter Ergonom und Leiter des Startups. Indem das Personal auf dessen Wohlbefinden an der Werkbank untersucht wird, besteht ein großes Potenzial für eine Neupositionierung der Körperhaltung, die eine bessere Konzentration auf die Aufgabe fördert und Fehlzeiten verringert.

Attouche, ein gebürtiger Pariser, schloss ein technisches Studium ab. Anschließend besuchte er die Technische Universität Belfort Montbéliard (UTBM), die sich auf die Ergonomie und den menschlichen Faktor konzentriert und sich für die körperliche und geistige Beanspruchung am Arbeitsplatz interessiert. “Die Ergonomie ist ein wissenschaftliches und interdisziplinäres Instrument, um Probleme des menschlichen Faktors in der Produktion zu behandeln. ”

Vorreiter in der Schweiz

Malik Attouche absolvierte einen Abschluss in Systemproduktdesign und Ergonomieingenieurwesen und näherte sich vor mehr als 20 Jahren allmählich der Schweiz an, als er diese Disziplin an der Ecole cantonale d’art de Lausanne (ECAL) unterrichtete. “Ich habe die Lehre der industriellen Ergonomie in die Schweiz gebracht.”

Als Attouche die Klassenzimmer verliess, gründete er 2016 das Startup Ersys. Schnell wird er mit der Uhrenbranche konfrontiert, wo es eine Lücke in Sachen Ergonomie zu füllen gilt: “Wenn Marken neue Gebäude bauen oder Sanierungen vornehmen, vernachlässigen sie diesen Aspekt in der Regel. Wohingegen die Ergonomie von Anfang an einen wichtigen Stellenwert einnehmen sollte”.

Die Ergonomie ist für die Präzisionsmechanik so wichtig, weil der menschliche Faktor nach Ansicht von Malik Attouche auch weiterhin ein wichtiger Produktivitätsfaktor sein wird. “Die Produktivität lässt sich heute durch Engineering und Automatisierung an der Grenze der technischen Möglichkeiten kaum noch verbessern, ganz zu schweigen von den Investitionen, die damit verbunden sind. Andererseits kann mit ergonomischen Arbeitsplätzen eine Produktivitätssteigerung im zweistelligen Bereich zu geringeren Kosten erreicht werden”. Gemäss Malik Attouche braucht es einen Mentalitätswandel: Ingenieure müssen den Menschen in den Mittelpunkt stellen, nicht nur Maschinen.

Diversifizierung auf dem Markt

Das Haupttätigkeitsfeld des Start-ups, das vier Vollzeitmitarbeiter beschäftigt, ist derzeit die Uhrmacherei. Das Kundenportfolio wächst jedoch mit Firmen aus dem Medizin- und Dienstleistungssektor. “Klassische Arbeitsplätze in Grossräumen sind ein interessanter Markt. Indem man ähnliche Berufe und Gewerke zusammenführt, reduziert man Ablenkungen, dämmt den Schall, optimiert die Raumnutzung, die Temperatur und das Licht. Das kann die Arbeitsbedingungen stark verbessern”.

Ersys ist im gesamten Jurabogen – von Grenchen (SO) bis Genf – aktiv. Neu arbeitet das Unternehmen mit zertifizierten französischen Unternehmen bei der Entwicklung von Luftfahrtkomponenten zusammen. “Wir beraten sie bei der Ergonomie von Handarbeitsplätzen”, sagt Malik Attouche.

Ersys hat ausserdem eine umfassende Studie über die Arbeitsumgebung und ihre Organisation bei einem der führenden Besteckhersteller Frankreichs, Laguiole, durchgeführt.

Die Ersys-Diagnose

Im Einzelnen führt Ersys eine diagnostische Untersuchung des Arbeitsplatzes mit der betroffenen Person und den Führungskräften durch. Dazu verwendet es die neuesten verfügbaren Werkzeuge zur Videoanalyse von Körperhaltungen und misst die für die Aufgabe erforderlichen körperlichen und geistigen Anstrengungen.

“In einem zweiten Schritt geben wir Empfehlungen und schlagen quantifizierte Lösungen vor. Wenn das Unternehmen uns grünes Licht gibt, entwickeln wir die technische Lösung bis zur Umsetzung. Die Herstellung insbesondere der Sitze, wird so weit wie möglich unseren Partnern im Jura anvertraut. Wir verkaufen keine Ausrüstung”.

Ersys arbeitet mit der SUVA zusammen. Man praktiziere wissenschaftliche und nicht kommerzielle Ergonomie – auf diesen Unterschied legt Malik Attouche wert.

Sein sehnlichster Wunsch wäre es, dass die Menschen spontan an Ersys denken, sobald das Thema Ergonomie auftaucht. “Deshalb brauchen wir BaselArea.swiss, die Wirtschaftsförderung des Kantons Jura und verschiedene nationale Schulen, darunter die Fachhochschule Arc Santé, und die UTBM”, schliesst Malik Attouche. Indem er Ende 2019 an den Standort Jura des Switzerland Innovation Park Basel Area zog, will er nicht zuletzt die Sichtbarkeit seiner Firma erhöhen und mithilfe der Netzwerke der Institution neue Partnerschaften finden.

“Die Ergonomie ist eine neue Disziplin. Der Switzerland Innovation Park Basel Area gewährleistet unsere Glaubwürdigkeit und steigert unsere Bekanntheit.”

Text: Didier Walzer

Links

Ersys
Malik Attouche
Malik Attouche en interview avec la Promotion Economique due canton du Jura

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